Ohne Worte
für Traumtänzer und Sternezähler
Diese Stadt verwundert mich immer mehr, erscheint mir immer grotesker. Jedes Mal, wenn ich hier bin, entwickel ich so ein »Bloß schnell wieder weg« Gefühl. Ich fühle mich hier nicht mehr so recht wohl. In der Stadt, die schon lange nicht mehr meine Stadt ist. Sie lässt mein Herz trauern und bluten. Sie fängt meinen Geist ein und sperrt ihn in einen viel zu engen Käfig. Sie legt sich auf meine Gedanken, wie ein großes, schweres Tuch, das ich nicht wegschieben kann. Sie zwängt mich ein, in ihrer Größe und mit ihrer Pracht. Und sie lässt mich abstruse Kurznachrichten schreiben. Nachrichten, die mir unter normalen Umständen niemals in den Sinn gekommen wären. Das Dilemma an der ganzen Geschichte ist nun aber, dass ja jeder Mensch nur eine Heimat hat, egal, wie sehr er sie liebt oder auch nicht. Meine Heimat fängt mich immer wieder ein und versucht, mich festzuhalten, mit ihren Klauen. Setzt mir Gedanken in den Kopf und weckt viele schlimme Erinnerungen, für die ich lang gebraucht habe, um sie aus meinem Kopf zu verbannen. Hier fallen sie über mich her und stoßen mich in große, tiefe Löcher.
So einen Abend hab ich schon seit langem vermisst. Einfach mal in Ruhe gelassen zu werden, eine Tafel Schokolade und einen gepflegten Cocktail bei der Hand zu haben und absolut nix zu machen. Niemand, der mich erwartet; niemand, der noch was gemacht haben will. Die Abgabetermine sind vorbei oder zur Genüge vorbereitet. Kein Stress, richtig entspannen. Die Welt einfach einmal machen lassen. Dann kann man sich ungestört in den unendlichen Weiten des Internets herumtreiben, ohne Ziel, ohne Zeitdruck, einfach treiben lassen. Von Link zu Link. Von Klick zu Klick. Was man dabei alles entdeckt, das ist mitunter kurios, meist aber den Blick wert. Und man erinnert sich, wo man früher war, während solcher Streifzüge. Und wenn man die "alten" Seiten jetzt wieder besucht haben sie sich entweder komplett verändert oder sind noch genau so, wie man sie kennt.
Ich habe mir gesagt, Philipp, hab ich mir gesagt, wenn du den Film gesehen hast, dann schreibst du auch einen Eintrag darüber. Nun denn.
Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Und wenn man sich dann wieder sieht, dann erkennt man den Einen oder Anderen gar nicht wieder. Julia zum Beispiel, die den Schnuller inzwischen abgelegt hat. Man stellt fest, dass wir doch eigentlich immer noch die gleichen Chaoten sind, wie damals. Und wir haben gelernt, dass Dresden im Osten und Siegen im Westen liegen. Und dass Bochum eine kleine Insel südlich von Rügen ist.