17.9.06

Ilmenau-Erfurt in 2 Stunden

Da bin ich einmal mehr in Ilmenau in den Zug gestiegen, um nach Leipzig aufzubrechen. Auf zu neuen Abenteuern und zu großen Taten. In der Reihe vor mir sitzen zwei Studenten jeweils am Fenster. Sie lernen für die gleiche Prüfung, was sie aber erst kurz nach Arnstadt bemerken. In Sülzenbrücken ist die Bahnhofsuhr kaputt. Sie zeigt auf die Sekunde genau zwölf Uhr an. Und während ich so vor mich hindöse versinkt eine blutrote Sonne hinter dem Horizont.
Kurze Atempause. Zwanzig Minuten Aufenthalt in Erfurt. Am Automaten vor mir werden Tickets nach Halle, Münster und Neudietendorf gekauft. Ich hätte nicht wenig Lust, einen ganzen Tag dort zu stehen und zu schauen, wohin die Menschen so fahren. Und, herauszufinden, warum sie verreisen. Oder warum sie in Erfurt waren. Der Cappucchino zum Mitnehmen ist in Erfurt inzwischen Standard geworden. Und während ich an meinem heißen Getränk nippe erfahre ich, dass der Plateosaurus der bekannteste aller Prosauropoden ist (oder besser, war). Wenn ich doch nur wüsste, was ein Prosauropode ist...
Wieder im Zug stelle ich aufs Neue fest, wie viele Menschen so tagtäglich auf Reisen sind. Ob sie unterwegs sind nach hause, von der Arbeit, zur Arbeit, zum nächsten Meeting, zur Geliebten, oder zurück von ihr, in den Urlaub, aus dem Urlaub, zu ihren Familien oder von ihnen weg. Und alle hören die fünf Minuten lange Ansprache der Schaffnerin. "Herzlich willkommen im ICE nachDresden, über Weimar, Leipzig, Riesa..." und so weiter. Sie erzählt von den vielen Vorzügen des Zuges, wo welche Zugteile sind, und welchen Nutzen es hat, das BordBistro aufzusuchen. Dann versucht sie dieselbe Ansage auf englisch. "Welcome, ladies and gentlemen on board the ice to Dresden." Pause. Lange Pause. Peinlich lange Pause. "We wish you a nice trip." Geil. Hätte sie's nur mal lieber gelassen.
Und wieder fliegen draußen Häuser und Bäume, Autos und Fußgänger an mir vorbei fliegen. Unterdessen erfahre ich immer mehr über Robert Falcon Scotts Privatleben. Kurz vor Weimar erfahre ich, dass ich theoretisch Anschluss an eine Regionalbahn nach Jena hätte. Würde ich nicht unbedingt nach Leipzig müssen, wäre ich glatt ausgestiegen und tausendmal lieber nach Jena gefahren. Und irgendwann, eine knappe Stunde, viele Autos, viele Bäume und einen dumpfen Schmerz in meinem Körper später, ist auch die längste Fahrt zu Ende und die große Stadt lacht mich mit ihren Lichtern an.
Es passiert so viel um mich herum, es ist erstaunlich. Und ich hätte in Weimar aussteigen sollen...

2 Kommentare:

Am/um 24 September, 2006 10:52 , Anonymous Ulli meinte...

Auch wenn du viel lieber in Jena oder Weimar ausgestiegen wärst, so freut es mich, dass dich die große Stadt bei deiner Ankunft "angelacht" hat... und du hast sie gut verkraftet, auch wenn du "hinmusstest".
vielleicht findest du ja irgendwann auch mal wieder die Muße dazu, ohne "Zwang" in die große Stadt zu kommen, einfach weil es eine schöne Stadt ist. Und dort (noch) das Chaos-zentrum der Meergurken liegt, die sich über jede Gurke freuen, die vorbeikommt. ^^

 
Am/um 29 September, 2006 14:57 , Anonymous Anonym meinte...

Da stimme ich der Ulli voll und ganz zu! ^____^

 

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